Warum wir im Schwarzwald Cego spielen:
"Verkehrsabgelegene, urständige Landschaften zeigen sich noch heute dem Skat wenig geneigt!"
Dr. Friedrich Schlager 1951
Sucht ihr Mitspielmöglichkeiten, oder bietet Ihr welche an?
Bei Facebook gibt es eine Gruppe die heißt "Cego ". Dort können sich Cego-Begeisterte zusammenfinden, über Regeln fachsimpeln, sich zum Spielen verabreden und über regelmäßige Cego-Treffen informieren. Außerdem werden alle Fragen zu historischen Karten beantwortet
Die neusten Beiträge findet ihr hier:
Im Hochschwarzwald war in meiner Kindheit die Meinung weit verbreitet, dass badische Soldaten Cego aus Spanien mitgebracht haben. Im ersten Moment scheint diese Theorie abwegig, da es in Spanien die für Cego typischen Karten nie gab. Die Cego-Karten ähneln mehr den Tarock- oder Tarotkarten, die in Italien, Frankreich, Dänemark, Österreich und über den Balkan bis nach Russland verbreitet waren.
Um die Entstehung des Spiels zu verstehen, muss man ein wenig ausholen.
Das Tarockspiel (zu denen auch das Cego gehört) kam in weiten Teilen Deutschlands und der Habsburger Monarchie ab 1750 in Mode Auch Goethe war ein leidenschaftlicher Tarockspieler. Wir gehen momentan davon aus, dass die Badener vor der "Erfindung" des Cego Anfang des 19. Jahrhunderts bereits Tarockvarianten spielten, die dem "Dappen" und dem "Dreierles" ähnlich waren. Diese zwei Spiele werden heute noch vereinzelt im Südschwarzwald und in Nordbaden gespielt. Die Regeln dieser Spiele haben die größten Ähnlichkeiten mit den Schweizer Spielen "Troggu" und "Tappä" aus dem Wallis und dem "Le Tape" aus dem Kanton Fribourg. Danke an Ulf Martin, John McLeod und Paul Eaton für diese wichtigen und grundlegenden Erkenntnisse.
Wie aber kamen die Spiele aus der Schweiz nach Südbaden? Brachten es Schweizer Studenten mit, die Ende des 18. Jahrhunderts in Freiburg studierten? Kam es bereits im Zuge der Migrationswelle nach dem Dreißigjährigen Krieg in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts nach Baden? Ganz ausgeschlossen ist auch nicht, dass es den Weg irgendwie aus der Schweiz über Österreich in die alten Vorderösterreichischen Gebiete im heutigen Baden fand. Ob diese Fragen jemals geklärt werden können, ist fraglich. Sicher ist jedoch, dass die Spielkartenforscher mit Ihrer Fachkenntnis über Europäische Tarockregeln diese interessante Fragen aufgeworfen haben!
Die ersten Tarockkarten in unserer Region wurden um 1690 in Straßburg produziert. Andere Kartenmacher die bereits früher Tarockkarten herstellten sind bislang weder für unsere Region noch für die Schweiz nachgewiesen. Danke Thierry Depauli!
Aber wie entstand nun Cego?
Als Napoleon 1808 gegen Spanien kämpfte, hatte er Unterstützung vom Badischen Großherzog, der ihm Soldaten zu Verfügung stellte. Die Badener waren damals wie gesagt noch leidenschaftliche Tarockspieler, daher nahmen Sie ihre Karten in den Spanienkrieg mit. Wahrscheinlich vor allem die höheren Mannschaftsgrade, die aus dem Bürgertum und aus dem Adel kamen. Die Schwarzwälder hatten damals schon mit 54 Karrten gespielt und nicht wie die Franzosen mit 78.
Auf dem Spanienfeldzug lernten die Badener ein spanisches Kartenspiel mit Namen "Cascarela" kennen ein Spiel aus der Familie der "L´Hombre"-Spiele . Dies war Anfang des 19. Jahrhunderts in Spanien sehr populär. Eigenart dieses Spieles war es, mit unbekannten Karten zu spielen, die man im Laufe des Spieles vom Tisch aufnahm. Man spielte also blind. Eine Spielform, die in diesem Ausmaße beim Tarock unbekannt war. Auf Spanisch heißt blind "ciego", und auf Portugiesisch "cego" . Die Schwarzwälder versuchten nun diese Spiele mit den Tarockkarten zu spielen. Und... es hat geklappt! Sie hatten während Ihrer Kriegsgefangenschafft wohl ausreichend Zeit, die Regeln auf die Tarockkarten umzumünzen.
In Baden gibt es wie oben erwähnt noch das Dreierles und das Dappen, aus denen sich das Cego mit hoher Wahrscheinlichkeit heraus entwickelt hat.
Michael Dummet, John McLeod und Ulf Martin haben viele Tarockspiele beschrieben und miteinander verglichen.
Die Fachleute gehen davon aus, dass die beiden Spiele zu den so genannten Tapptarocken gehören. In diese Familie gehört auch Le Tape aus dem Schweizer Kanton Fribourg, Troggu und Dappä aus dem Kanton Wallis und Doppen aus Österreich. Im Buch A History of Games played with Tarock Pack . Die Spiele sind im Kapitel "Tapptarock" beschrieben.
Wann und von wo nach wo sich die Spiele genau verbreitetet haben, ist wie bereits erwähnt noch nicht abschließend geklärt.
Danke Ulf Martin aus Berlin, der mich auf diese Zusammenhänge aufmerksam gemacht hat.
Eine Zusammenfassung über unterschiedliche
Tarockspiele in Europa (in Englisch). Für Dreierles- und Dappenspieler interessant,
sind die Kapitel 15.17 Doppen und 15.23 Le Tape.
Die Dreierles-Regeln wurden von Ulf Martin
in www.pagat.com veröffentlicht.
Hier die Dappenregeln wie es in
Breitnau, Buchenbach und Furtwangen gespielt wird.
Ein Tarot de Marseille gedruckt kurz vor 1800 von der Firma Krebs in Freiburg. Es ist meines Wissens das erste Tarockblatt, das in Freiburg hergestellt wurde. Wenn man davon ausgeht, dass das "Urtarock" in den Schwarzwald aus der Schweiz kam, ist es nachvollziehbar, dass die ersten "Cegokarten " so aussahen, denn auch die Schweizer haben damals mit diesen Karten gespielt. (Nachdruck aus 1984 von Piatnik) Sammlung Laber
Diese Regel ist geschrieben von Dr. Friedrich Schlager aus Rastatt. Es gab sie in unterschiedlichen Layouts von den 1950er bis in die 1970er Jahre. Schlager war in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts der "Cego-Papst". Von ihm stammt die erste Veröffentlichung über die Geschichte des Cegos: "Das badische Nationalspiel „Cego“ und die anderen in Baden und an Badens Grenzen volksüblichen Kartenspiele" von 1951.
Damit ist hier eine einigermaßen aktuelle und kompetente Regel aus dem "Hohen Norden" verewigt. Rastatt gehört heute zu den nördlichsten Gebieten in denen aktuell noch Cego gespielt wird. Interessant z. B. ist in dieser Regel, dass der Bettel den Soli aussticht, oder dass alle "Cego fort" sagen dürfen. Der "Räuber" heißt hier "Ramsch" wie beim Skat.